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Die Untervermittlung von Finanzdienstleistungen im Lichte der Umsatzsteuer

Die Frage, ob die Vermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten selbständiger Untervermittler umsatzsteuerfrei ist, entwickelt sich immer mehr zum Dauerbrenner.

Untervermittlung = Vermittlung?

Während bei der reinen Vermittlung lediglich 3 Personen (Anbieter, Vermittler, Kunde) beteiligt sind, treten im Fall der sog. „Untervermittlung“ mehr als 3 Personen auf. Bei der Untervermittlung bringt also nicht nur ein Vermittler zwei Personen zusammen, vielmehr wird neben einem Hauptvermittler regelmäßig ein weiterer Vermittler als „Untervermittler“ zwischengeschaltet.

Der Bundesfinanzhof (BFH) interpretierte die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zum Begriff der „Vermittlung“ in seinem Urteil vom 09.10.2003 dahingehend, dass im Fall der Untervermittlung von Kreditverträgen die Steuerfreiheit versagt wird, wenn der Untervermittler seine Vergütung infolge des Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Hauptvermittler erhält. Seine Rechtsauffassung bestätigte der Bundesfinanzhof nochmals in seinem Urteil vom 03.11.2005 (V R 21/05).

Wendet man dieses Ergebnis auf alle Vermittlungsleistungen an, würde dies dazu führen, dass die Leistung des Untervermittlers an den Hauptvermittler nicht mehr von der Steuerbefreiung umfasst wäre. Die anfallende Umsatzsteuer kann dann in dieser Struktur vom Leistungsempfänger, der selbst steuerfreie Umsätze ausführt nicht mehr als Vorsteuer abgezogen werden, so dass es effektiv zu einer Steuerbelastung im Rahmen der Untervermittlung kommen würde.

Um den Vertragsparteien die Möglichkeit zu geben, die Verträge an diese neue Situation anzupassen, hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 13.12.2004 zunächst eine Übergangsfrist bis Ende Juni 2005 und dann bis zum 31.12.2005 eingeräumt, innerhalb der es nicht beanstandet wurde, wenn der Untervermittler seine Vergütung steuerfrei behandelt hat. Diese Frist wurde schließlich mit BMF - Schrieben vom 25.12.2005 „bis auf weiteres“ verlängert.

Damit schien das Problem der Besteuerung von Untervermittlungsleistungen eigentlich gelöst zu sein. Allerdings bleibt festzuhalten, dass von der privilegierten Wirkung durch die vorgenannten BMF - Schreiben ausdrücklich die Untervermittlung von Krediten gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG ausgenommen worden ist. Dies bedeutet, dass die Steuerbefreiung für die Kreditvermittlung keine Anwendung findet, wenn ein „Untervermittler“ zwischengeschaltet wird.

Das Finanzgericht des Landes Brandenburg bringt nunmehr mit seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 23.11.2005 (1 K 692/05) frischen Wind in diese Diskussion. Im Unterschied zu der Auffassung der Finanzverwaltung und des Bundesfinanzhofs vertritt es die Meinung, eine steuerfreie Vermittlungsleistung liege auch dann vor, wenn ein selbstständiger Kreditvermittler für eine Finanzdienstleistungsgesellschaft tätig sei. Der Beschluss des Finanzgerichtes ist zu begrüßen.

Allerdings sind nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu den Dienstleistungen von Versicherungsmaklern (vgl. insbesondere Urteil des EuGH vom 20.11.2003, Rechtssache C- 8/01 - Taksatorringen) nur die Dienstleistungen der Berufsausübenden erfasst, die
  • zugleich mit dem Versicherer


  • und dem Versicherten in Verbindung stehen,

wobei klargestellt wird, dass der Makler lediglich ein Vermittler ist.

Diese Rechtsauffassung bestätigt der EuGH in seinem Urteil vom 03.03.2005 (Rechtssache C-472/03 - Arthur Andersen & Co. Accountants c.s., Rz.33) nochmals.Eine „mittelbare“ Beziehung zu den Versicherten reicht offensichtlich nicht aus.

Legt man den Begriff der „Vermittlung“ in allen Steuerbefreiungstatbeständen einheitlich aus, lässt sich daraus folgern, dass die Steuerbefreiung nur die unmittelbare Vermittlungsleistung erfassen soll. Dies hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg in seinem Vorlagebeschluss leider nicht beleuchtet.

Es besteht daher die Gefahr, dass der EuGH, wenn er sich nicht in Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung setzen will, an einem engen Vermittlungsbegriff festhalten wird und somit die Leistungen des Untervermittlers nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kommen. Sollte sich dies realisieren, wären wohl alle Untervermittlungsleistungen steuerpflichtig. In diesem Fall könnte nur noch durch die Implementierung einer geeigneten Ausweichstrategie im Rahmen der Gestaltungsberatung die Steuerpflicht vermieden oder jedenfalls auf einen Teilbereich begrenzt werden.
v Derzeit kann sich der Untervermittler (soweit nicht eine Kreditvermittlung vorliegt) allerdings auf die Regelungen der vorgenannten BMF - Schreiben berufen. Dies gilt vor allem auch für die Tätigkeit der Versicherungsmakler. Sollte es jedoch aus anderen Gründen zu einem Finanzgerichtsverfahren kommen, ist darauf hinzuweisen, dass die Finanzgerichte nicht an die Auffassung der Finanzverwaltung gebunden sind.

Umfang der Steuerbefreiung

Selbst wenn in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen eine Vermittlungsleistung vorliegt, gilt der Umfang der Steuerbefreiung nicht grenzenlos.

Nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 03.11.2005 (V R 21/05) hat der EuGH zum Begriff der "Vermittlung" in seinem Urteil vom 13. Dezember 2001 Rs. C-235/00 (Rz 39) - CSC Financial Services entschieden, dass die Vermittlungstätigkeit eine Dienstleistung ist, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird.

Sie kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages hat.

Der Bundesfinanzhof stellte daher im Ausgangsfall fest, dass es ohne die Vorprüfungen des Vermittlers (z.B. der Identität und Bonität der Kreditsuchenden) nicht zu einer Kreditvergabe kommen würde. Die Steuerbefreiung der bezeichneten Leistungen (Vorprüfungen) setze daher nicht voraus, dass es tatsächlich zum Vertragsabschluss (also zur Kreditvergabe) gekommen sei. Entscheidend sei aber der Kontakt zu beiden Vertragsparteien.

Den Umfang der Steuerbefreiung begrenzt der BFH auf die Tätigkeiten, die für das Zusammenführen der Vertragsparteien notwendig sind. Welche Tätigkeiten im Einzelnen hierzu zählen ist noch nicht verbindlich entschieden worden

Zusammenfassung
  • Die Frage, ob die Untervermittlung von Finanzdienstleistungsprodukten steuerfrei ist, wird weiterhin kontrovers diskutiert. Dies gilt insbesondere im Bereich der Kreditvermittlung (§ 4 Nr. 8 Buchstabe a UStG), da die Nichtbeanstandungsregelung des BMF im Schreiben vom 25.11.2005 hier nicht anwendbar ist.


  • Abhilfe ist in Form der Vorlage des FG Brandenburg vom 23.11.2005 an den EuGH (C-453/05) in Sicht, soweit sich diese Vorlage an den EuGH nicht als ein Boomerang erweist. In diesem Fall müssten im Rahmen einer Gestaltungsberatung geeignete Ausweichstrategien umgesetzt werden.


  • In den übrigen Fällen der Untervermittlungsleistungen kann sich der Steuerpflichtige derzeit auf die für ihn günstigen Regelungen der BMF - Schreiben berufen. Dies gilt vor allem auch für die Tätigkeit der Versicherungsmakler.


  • Sollte sich der Steuerpflichtige allerdings im Veranlagungsverfahren nicht mit der Finanzverwaltung einig sein (z.B. im Hinblick auf den Umfang der Steuerbefreiung), kann die Steuerfreiheit für seine Vermittlungsleistung im Finanzgerichtsverfahren versagt werden, da die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof nicht an die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung gebunden sind.


  • Der Umfang der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen ist noch nicht verbindlich geklärt.


Bernd Burgmaier, 
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht 
burgmaier@so-bu.de
 

© 2006 Dr. Sommer & Burgmaier

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