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Finanzgericht Köln, 2 K 5044/03
Datum: 19.01.2006
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 2. Senat
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: 2 K 5033/03


Tenor:

Dem Europäischen Gerichtshof werden gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ergibt sich aus einer dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie entsprechen Unternehmerbescheinigung eine Bindungswirkung bzw. eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat der Bescheinigung? Für den Fall, dass die Frage 1.) zu verneinen ist:

Ist der Begriff „Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit” im Sinne des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie dahingehend auszulegen, dass damit der Ort gemeint ist, an dem die Gesellschaft ihren statuarischen Sitz hat
oder ist auf den Ort abzustellen, an dem die geschäftsleitenden Entscheidungen getroffen werden

oder kommt es auf den Ort an, an dem die für das übliche operative Tagesgeschäft maßgeblichen Entscheidungen gefällt werden ?

Gründe

A.
1.
Die Klägerin ist eine am .............. 1995 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach luxemburgischem Recht (Eintragung in das Handels- und Gesellschaftsregister des Bezirksgerichts Luxemburg vom ............. 1995, Sek. B Nr........... ). Sie betreibt ein Transportunternehmen und hat ihren Sitz in der Rue de ........ in ........... in Luxemburg. Alleinige Gesellschafterin ist die in ............ (Schweiz) ansässige ....................... AG (im Folgenden: . AG), bei der es sich ebenfalls um ein Transportunternehmen handelt. Geschäftsführer der Klägerin sind zwei in der Schweiz bzw. Italien wohnhafte Angestellte der . AG. Am Sitz der Klägerin betreibt Herr ........... (im Folgenden: D) die Firma ............... von der sie auch ihre Büroräume angemietet hat. D hatte auch die Gründung der Klägerin als Vertreter der Alleingesellschafterin veranlasst. Unter der Adresse der Klägerin haben 13 weitere Gesellschaften, unter anderem auch drei Tochtergesellschaften von Schweizer Transportunternehmen, ihren Sitz.
Im April 1997 beantragte die Klägerin beim Beklagten für 1996 die Vergütung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von ............ 25 DM, die nahezu ausschließlich auf Grund von Aufwendungen für Kraftstoff angefallen waren. Dem Antrag war eine dem Muster in Anhang B der Achten Richtlinie 79/1072/EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABIEG) 1979 Nr. L 331, 11 (im Folgenden: Achte Richtlinie) entsprechende Bescheinigung der Administration de L'Enregistrement et des Domaines des Großherzogtums Luxemburg vom 15. April 1997 beigefügt, wonach die Klägerin (unter Angabe ihres Namens, der Art ihrer Tätigkeit sowie ihrer Geschäftsadresse) unter der entsprechenden luxemburgischen Steuernummer (TVA ................... ) der Mehrwertsteuer unterliegt. In der Bescheinigung ist auch ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (.................) vermerkt.
Im Mai 1998 beantragte die Klägerin außerdem –wiederum unter Beifügung einer den Vorgaben der Achten Richtlinie entsprechenden Bescheinigung-- die Vergütung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum 1997 in Höhe von ..............98 DM, die ebenfalls im Wesentlichen auf Grund des Bezugs von Kraftstoff angefallen waren.
Die Informationszentrale Ausland (IZA) des Beklagten erteilte auf Anfrage die Auskunft, die Klägerin unterhalte unter der in der Bescheinigung angegebenen Adresse keinen Telefonanschluss. Lediglich auf den Namen des D sei ein Anschluss angemeldet. Der Beklagte kam daher zu dem Schluss, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass der Sitz ihrer Geschäftsleitung statt in der Schweiz in Luxemburg sei. Daher seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG 1993) i.V. mit §§ 59 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV 1993) nicht erfüllt. Er lehnte die vorgenannten Anträge deshalb mit Bescheiden vom ............... 1998 und vom ............... 1998 ab.

II.
Hiergegen erhob die Klägerin Einsprüche und legte eine zusätzliche Bescheinigung der Luxemburger Finanzverwaltung vom 19. Februar 1999 vor, wonach sie "eine Handelsgesellschaft im Sinne des deutsch-luxemburgischen Doppelbesteuerungsabkommens" sei und den "luxemburgischen direkten Steuern" unterliege. Sie trug vor, die Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Generaldirektion XXI (Steuern und Zollunion, Steuerpolitik) habe auf Anfrage mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 mitgeteilt, aus der Achten Richtlinie ergebe sich, dass für die Bescheinigung der Qualität des Steuerpflichtigen die Behörde des Ansässigkeitsstaats zuständig sei. Sofern die Behörden des Erstattungsstaates Zweifel an der Eigenschaft einer natürlichen oder juristischen Person als Steuerpflichtiger hätten, könnten sie über die gemeinschaftsrechtlichen Instrumente der Amtshilfe den Ansässigkeitsstaat bitten, die Verhältnisse der fraglichen Person zu prüfen. Weiter führte die Klägerin aus, die Tatsache, dass sie dieselbe Anschrift habe wie andere Tochterunternehmen schweizerischer Transportunternehmen, erkläre sich daraus, dass Büroräume einer europaweit tätigen Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer angemietet worden seien. Für sie, die Klägerin, seien in Luxemburg die für alle Auslandsgeschäfte der klägerischen Unternehmensgruppe zuständigen beiden Geschäftsführer sowie D und noch eine weitere Person tätig, die auch für alle behördlichen Angelegenheiten und die Leitung der Buchhaltung verantwortlich seien. Die Geschäfte in Luxemburg führe D. Zusätzlich arbeiteten vier Deutsche und ein Franzose in Teilzeit als Fahrer am Unternehmenssitz, deren Gehalt von der Bürogemeinschaft Schweizer Transportunternehmer abgerechnet werde. Sie, die Klägerin, habe auch einen Telefonanschluss besessen, wie sich aus ihrem Briefkopf ergebe. Unter dieser Telefonnummer sei sie während der üblichen Geschäftszeiten erreichbar gewesen. Die in Luxemburg zugelassenen Lkw seien für Aircargo-Paletten eingerichtet und von der zentralen Disposition in der Schweiz speziell für den Luftfrachtverkehr eingesetzt worden. Alle gefahrenen Strecken seien mit der Muttergesellschaft abgerechnet worden. Die Rechnungen würden am Sitz der Klägerin in Luxemburg erstellt und an die Muttergesellschaft geschickt.
Mit Einspruchsentscheidungen vom ....... 1999 wies der Beklagte die Einsprüche im Wesentlichen mit der Begründung zurück, der Ort der Geschäftsleitung liege in der Schweiz, nicht in Luxemburg. Der lediglich statutarische Sitz reiche nicht aus.

III.
Im Klageverfahren (l. Rechtszug, Az. 2 K 4970/99) machte die Klägerin ergänzend geltend, sie habe ihre Ansässigkeit in Luxemburg durch die Bescheinigung i.S. des § 61 Abs. 3 UStDV 1993 nachgewiesen. Hieran sei der Beklagte gebunden. Dieser brachte hingegen vor, in Luxemburg habe nur eine sog. Briefkastengesellschaft bestanden. Mit der Bescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV 1993 erbringe der Antragsteller lediglich den Nachweis, dass er "Mehrwertsteuerpflichtiger" des Sitzstaates sei.
Der erkennende Senat gab der Klage durch Urteil vom 26. Oktober 2001 (2 K 4970/99, EFG 2002, 166) statt und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Die Klägerin sei Unternehmerin i.S. des § 2 UStG 1993, weil sie in eigenem Namen Verträge abgeschlossen und Leistungen gegenüber ihrer Muttergesellschaft in der Schweiz erbracht habe. Nach Aktenlage habe die Klägerin auch keine die Durchführung des Vergütungsverfahrens ausschließenden Umsätze im Ausland getätigt. Ausgangspunkt der der Muttergesellschaft in der Schweiz gegenüber erbrachten Umsätze sei überwiegend Luxemburg gewesen. Die Klägerin sei auch im Ausland ansässig und daher berechtigt, am Vorsteuervergütungsverfahren teilzunehmen. Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV 1993 sei ein im Ausland ansässiger Unternehmer derjenige Unternehmer, der jedenfalls nicht im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder seine Zweigniederlassung habe. Es sei unstreitig, dass die Klägerin ihren Sitz in Luxemburg habe und auch sonst keinerlei Anknüpfungspunkte zum Inland vorhanden seien. Die Klägerin sei auch nicht nach § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 von der Vergütung der Vorsteuern ausgeschlossen, denn sie sei im Gemeinschaftsgebiet ansässig, weil sie ihren "statutarischen" Sitz i.S. des § 11 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) in Luxemburg und damit im Gemeinschaftsgebiet habe. Dies genüge für die Begründung der Ansässigkeit i.S. des § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993. Unabhängig davon sei die Ansässigkeit aber auch auf Grund der Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs. 3 UStDV 1993 zu bejahen, die zumindest die Ansässigkeit aufgrund des Sitzes i.S. des § 11 AO 1977 in dem die Bescheinigung ausstellenden Staat belege. Der Senat ließ die Revision gegen sein Urteil zu.

IV.
Durch Revisionsurteil vom 22. Mai 2003 (V R 97/01, BFHE 203, 193, BStBI II 2003, 819) hob der Bundesfinanzhof (BFH) das vorgenannte Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Finanzgericht (FG) zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin auf Grund ihres rechtlichen Sitzes in Luxemburg und nicht in der Schweiz ansässig sei. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 1993 könne das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrats die Vergütung der Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG durch Rechtsverordnung in einem besonderen Verfahren regeln. Von dieser Ermächtigung habe der Verordnungsgeber in §§ 59 ff. UStDV 1993 Gebrauch gemacht. Nach § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 seien bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig seien, die Vorsteuerbeträge von der Vergütung ausgeschlossen, die unter anderem auf den Bezug von Kraftstoffen entfielen.
Zu Unrecht habe das FG die Begriffe "ansässig" bzw. "Sitz" i.S. von § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStG 1993 anhand der Sitz-Regelung in § 11 AO 1977 ausgelegt. Nach § 11 AO 1977 habe eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse den Sitz an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt sei. Da die in der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige, ABIEG Nr. L 326 (im Folgenden: Dreizehnte Richtlinie) verwendeten Begriffe solche des Gemeinschaftsrechts seien, sei ihre Auslegung am Gemeinschaftsrecht auszurichten.
Das in § 18 Abs. 9 UStG 1993 i.V. mit §§ 59 ff. UStDV 1993 geregelte Vorsteuervergütungsverfahren beruhe auf der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 17 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, ABIEG 1977 Nr. L 145, 1 (im Folgenden: Sechste Richtlinie). Danach erfolgten Mehrwertsteuererstattungen bei im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern nach der Achten Richtlinie und —bei nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern— nach der Dreizehnten Richtlinie. Mit dem Verfahren zur Vorsteuervergütung für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige nach § 18 Abs. 9 Satz 6 und 7 UStG 1993 i.V. mit §§ 59 ff. UStDV 1993 habe der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber Art. 17 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie i.V. mit der Dreizehnten Richtlinie umgesetzt. Gemäß Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie gelte als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie, der in diesem Gebiet "weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch -in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung- seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt" habe.
Ob die in § 11 AO 1977 umschriebenen Voraussetzungen den gemeinschaftsrechtlichen Begriffsmerkmalen der "Ansässigkeit" bzw. des "Sitzes" i.S. von Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie entsprächen, sei im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu ermitteln (Verweis auf Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften —EuGH— vom 11. Juli 2002 Rs. C-62/00 —Marks & Spencer—, Sig. 2002, 1-6325). Die genannten Rechtsbegriffe seien in der Rechtsprechung des EuGH bisher noch nicht ausgelegt worden. Der zur Ansässigkeit bedeutsamen Voraussetzung der "festen Niederlassung" ergangenen Rechtsprechung sei aber zu entnehmen, dass diese einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur besitzen müsse, die eine Erbringung von Umsätzen ermögliche (Verweis auf EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997 Rs. C-190/95 —ARO Lease BV—, Sig. 1997, 1-4383 Rn. 16). Dem stehe die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nicht entgegen, die an den satzungsmäßigen Sitz einer Gesellschaft anknüpfe. Denn die Niederlassungsfreiheit betreffe nur die Zugehörigkeit einer Gesellschaft zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats (Verweis auf EuGH-Urteile vom 14. Dezember 2000 Rs. C-141/99 —AMID—, SIg. 2000, 1-11619 Rn. 20, und vom 5. November 2002 Rs. C-208/00 —Überseering BV—, Internationales Steuerrecht —IStR— 2002, 809), während der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit für die Bestimmung von wirtschaftlichen Folgen (z.B. Ort von Dienstleistungen, Vorsteuervergütungsberechtigung) ausschlaggebend sei.
Insoweit sei davon auszugehen, dass die Auslegung der Tatbestandsmerkmale "ansässig" und "Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit" des Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie dem EuGH vorbehalten sei. Hierfür könnten folgende Kriterien entscheidungserheblich sein:
  • War die Klägerin in den Streitjahren unter ihrer Firma am Sitzort in Luxemburg im Telefonbuch eingetragen?
  • Hatte sie unter ihrer Firma Büroräume angemietet?
  • Hatte sie Arbeitsverträge abgeschlossen?
  • Wo und wann waren etwaige Arbeitnehmer für sie in Luxemburg tätig?
  • Wo wurden die Rechnungen für die gegenüber der Muttergesellschaft erbrachten Umsätze erstellt?
  • Waren die LKW der Klägerin in Luxemburg zugelassen?
  • Wo befand sich der Standort der Fahrzeuge, wenn sie nicht für Transportleistungen eingesetzt wurden?
  • Hat die Klägerin in Luxemburg Umsatzsteuererklärungen abgegeben?
  • Haben die zuständigen Luxemburger Behörden ihr gegenüber Umsatzsteuerbescheide erlassen?
Der Tatbestand der Vorentscheidung gebe insoweit lediglich den Vortrag der Beteiligten wieder und es müsse das FG die erforderlichen Feststellungen noch treffen.
Es könne auch nicht auf Grund der gemäß § 61 Abs. 3 UStDV 1993 vorgelegten Bescheinigungen der Luxemburger Behörde abschließend entschieden werden. Die Frage einer etwaigen Bindungswirkung für das Vorsteuervergütungsverfahren könne vor einer dem EuGH vorbehaltenen Klärung der unter 2. benannten Rechtsbegriffe nicht entschieden werden. § 61 Abs. 3 UStDV 1993, der Art. 3 Buchst. b der Achten Richtlinie umsetze, bestimme:

"Der Unternehmer muss der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist."

Der gemeinschaftsrechtliche Begriff "ansässig" sei noch ungeklärt. Die Beantwortung der Frage einer etwaigen Bindungswirkung hänge damit auch von dem —noch zu bestimmenden— Inhalt dieses Begriffs bzw. dem des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" ab. Dies folge auch aus den vorgelegten dem Muster nach Anhang B der Achten Richtlinie entsprechenden Unternehmerbescheinigungen, in denen lediglich der "Sitz" vermerkt sei; seien für den Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" andere Voraussetzungen zu erfüllen, so spreche dies ggf. gegen eine Bindungswirkung für die Ansässigkeit. Der Beklagte bezweifele, dass der in den vorgelegten Bescheinigungen vermerkte Unternehmenssitz mit dem Ort identisch sei, von dem aus die Klägerin Umsätze erbringe. Aus den Feststellungen des FG im 1. Rechtszug sei nicht ersichtlich, ob der Beklagte insoweit von seiner Befugnis Gebrauch gemacht habe, sich an die Behörde des Mitgliedstaats zu wenden, die die Bescheinigung ausgestellt habe, um Informationen einzuholen. Auch insoweit habe das FG die notwendigen Feststellungen nachzuholen.
Schließlich habe es nicht festgestellt, dass die Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 nur vergütungsunschädliche Umsätze i.S. des § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStDV 1993 ausgeführt habe. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin in den Streitjahren in Deutschland für über ............DM bzw ...............DM Kraftstoff eingekauft habe, dränge sich die Frage auf, ob sie auch im Inland steuerbare und steuerpflichtige Beförderungsleistungen erbracht habe.

V.
Im Verfahren des 1. Rechtszuges sowie darüber hinaus im hiesigen Verfahren des II. Rechtszuges hat der Senat (teilweise anhand von schriftlichen Unterlagen, welche die Klägerin schon im Einspruchsverfahren vorgelegt hatte) folgende (weitere) Feststellungen getroffen (auf den Inhalt der Steuerakten wird insoweit verwiesen):

1. Die Klägerin stellte zunächst auf der Basis einer Vereinbarung über Frachtentgelte vom 1. Januar 1996 und unter eigenem Briefkopf in den Jahren 1997 und 1998 mehrere Rechnungen über erbrachte Frachtenentgelte an die . AG, welche diese dann auch durch Banküberweisungen beglich. Parallel berechnete sie der . AG auch Entgelte für die Benutzung von Aufliegern. Bereits am 26. Dezember 1995 hatte sie durch ihren Angestellten ........................ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 einen schriftlichen Mietvertrag mit der Fa................... D........... über Büroräume in der Rue de .................... in ...................... geschlossen. Für die Räume zahlte sie auch die Heizkosten. Sie war über die Telefonnummer der ........................ die allerdings unter dem Namen des D imTelefonbuch eingetragen war, erreichbar und verwendete diese Nummer auch auf ihren Briefköpfen. Sie hatte im Zeitraum 1996 bis 1998 auch 7 Lkw auf ihren Namen beim Ministerium für Transportwesen angemeldet und beim luxemburgischen Ministerium für Mittelstand und Tourismus eine entsprechende Betriebsgenehmigung erhalten.
Nach der von ihr vorgelegten Personalliste beschäftigte sie am Stichtag 15. Juni 1998 sieben Arbeitnehmer, die überwiegend schon seit 1996 für sie tätig und ansonsten als Ersatz für zuvor ausgeschiedene und ebenfalls seit 1996 beschäftigte Mitarbeiter eingestellt worden waren. Die Klägerin hatte dazu entsprechende schriftliche Arbeitsverträge abgeschlossen. Schließlich wurde sie auch umsatzsteuerlich beim Bureau d" Imposition der luxemburgischen Finanzverwaltung unter der Nr............. geführt und verfügte über die USt-Identnummer ............. Sie gab auch Umsatzsteuererklärungen ab und erhielt Umsatzsteuerbescheide. Sie wurde zudem auch im Bereich der direkten Steuern unter der Steuernummer ..../..../... geführt.

2. Ein Auskunftsersuchen des Beklagten vom 11. Juli 2002 an die luxemburgische Steuerverwaltung ergab Folgendes (auf das Antwortschreiben der luxemburgischen Steuerverwaltung vom 25. September 2002 wird verwiesen): Die Klägerin hatte ihre Büroräume von der angemietet und von dieser zum Teil auch Sekretariats- und Buchführungsaufgaben erbringen lassen. Einrichtungen bzw. andere Gegenstände besaß die Klägerin am Satzungssitz nicht und ihre Verantwortlichen waren auch nicht permanent in Luxemburg anwesend. Auch waren dort weder ein Lagerraum noch Lkw-Parkplätze vorhanden. Die Lkw-Fahrer waren aber in Luxemburg gemeldet und dort auch die Lkw's angemeldet. Im Jahr 1997 wurden von der Klägerin in Luxemburg Umsätze in Höhe von € ............ 56 erklärt.

3. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19. Januar 2006 hat der Senat in diesem Zusammenhang weiter festgestellt, dass die beiden Geschäftsführer der Klägerin 2-3 Tage/Woche (........) bzw. 2-4 Tage/Monat (.............) in Luxemburg anwesend waren. Dort wurden die wesentlichen Geschäftsführungsentscheidungen (etwa Kauf von Lkw, Einstellung von Mitarbeitern) getroffen und es befand sich dort die Administration (Buchhaltung, Rechnungserstellung, Lohnabrechnung). Das operative Geschäft (Disposition und Organisation der Lkw-Fahrten, Kundenkontakte) wurde allerdings durch die . AG von der Schweiz aus wahrgenommen. Die Klägerin erbrachte dann nach Maßgabe dieser Dispositionen die entsprechenden Transportleistungen mit den o.g. und in ihrem Eigentum stehenden Lkw. Die Leistungserbringung erfolgte zu 100 vH gegenüber der . AG und die Klägerin rechnete die entsprechenden Leistungen von Luxemburg aus an diese ab.

4. Zur Frage, ob die Klägerin im Inland Beförderungsleistungen erbracht hat, hat die Klägerin mit Schreiben vom 10. Januar 2006 für beide Vergütungszeiträume Bescheinigungen über die Anwendung der Null-Regelung im Abzugsverfahren (§ 52 Abs. 4 UStDV 1993) beigebracht (auf den Inhalt der Bescheinigungen wird insoweit verwiesen).

Die Klägerin trägt nunmehr vor, dass sie bereits im Einspruchsverfahren alle für die Überprüfung ihrer Ansässigkeit in Luxemburg erforderlichen Unterlagen eingereicht und diese nunmehr noch ergänzt habe. Für ihre Gründung in Luxemburg hätten alleine wirtschaftliche Gründe (einfache Lizenz- und Genehmigungsverfahren, Zugang zum EU-Markt) gesprochen. Der Inhalt der luxemburgischen Auskunft werde deshalb auch nicht bestritten. Die Fahrer hätten die Lkw's nämlich entweder bei sich oder aber dort, wo sie sich jeweils aufgehalten hätten, abgestellt. Es gelte insoweit den Begriff der "Ansässigkeit" gemeinschaftsrechtskonform auszulegen, wozu der BFH allerdings Kriterien genannt habe, die er der EuGH-Rechtsprechung zur "festen Niederlassung" entnehme. Der Begriff sei aber mit dem Ansässigkeitsbegriff nicht identisch und es sei die Auslegung letztlich dem EuGH vorbehalten. Selbst wenn man die BFH-Kriterien anwende, so sei sie, die Klägerin, bei einer Gesamtbetrachtung als in Luxemburg ansässig anzusehen, weil sie die Kriterien überwiegend erfülle, während der Beklagte vor allem auf die fehlenden Parkplätze und den unregelmäßigen Aufenthalt der Verantwortlichen in Luxemburg abstelle.

Auch habe sie, die Klägerin, nur vergütungsunschädlich Umsätze ausgeführt, die entweder in Deutschland nicht steuerbar gewesen seien oder bei denen von der Nullregelung nach § 52 Abs. 2 UStDV 1993 Gebrauch gemacht worden sei. Alle Leistungen gegenüber der Muttergesellschaft seien Vermietungsleistungen aus der Vermietung der Lkw"s, welche § 3a Abs. 1 UStG 1993 unterfielen und in Deutschland nicht steuerbar seien. Das ergebe sich schon aus der Rechnungsstellung, wo die geleisteten Arbeitstage und die gefahrenen Kilometer verrechnet worden seien. Nichts anderes ergebe sich aber auch, soweit man mit dem Beklagten von Beförderungsleistungen ausgehe. Insoweit liege entweder keine deutsche Steuerbarkeit vor oder es seien die Voraussetzungen der Nullregelung gegeben. Sie, die Klägerin, habe ihre Leistungen ohne Umsatzsteuer berechnet und wäre die . AG ansonsten zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt gewesen; auch habe sie inzwischen die Bescheinigungen nach § 52 Abs. 4 UStDV 1993 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Vergütungsbescheide vom ....... 1998 und vom ................ 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom ................... 1999 dazu zu verpflichten, durch Erlaß entsprechender Vergütungsbescheide die Vergütung von Vorsteuer für 1996 in Höhe von ................ 25 DM und für 1997 in Höhe von ............... 98 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er führt aus, dass die Klägerin keine sonstigen Leistungen, sondern Beförderungsleistungen i.S. des § 3b UStG 1993 erbracht habe, wie sie dies auch in einem Schriftsatz bereits eingeräumt habe. Das erkläre auch, warum sie ausgeführt habe, dass sie teilweise die Nullregelung in Anspruch genommen habe. Die Klägerin habe ihre Umsätze nicht von ihrem statuarischen Sitz aus erbracht, was sich insbesondere aus den Feststellungen der luxemburgischen Steuerverwaltung ergebe, wonach die Klägerin an ihrem Sitz keinerlei Anlagevermögen habe und auch ihre Verantwortlichen dort nicht regelmäßig anzutreffen seien. Sie, die Klägerin, habe dazu selbst angegeben, dass sie für den Luftfrachtverkehr die zentrale schweizerische Disposition der . AG genutzt habe. Nichts anderes ergebe sich aus den inzwischen vorgelegten Unterlagen oder der insoweit nicht bindenden Unternehmerbescheinigung. Im Übrigen werde insoweit auf die Ausführungen im Verfahren des I. Rechtszuges verwiesen.

B.
1.
Der Senat setzt das Streitverfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die im Tenor genannten Fragen zur Vorab-entscheidung vor. Die Anrufung des EuGH ist gemäß Art. 234 EGV geboten, weil die Auslegung des Art. 3 b der Achten Richtlinie sowie des Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft ist. II.

1. Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 1993 LV. mit §§ 59 ff. UStDV 1993 setzt die Vergütung von Vorsteuerbeträgen voraus, dass dem im Ausland ansässigen Unternehmer in Rechnungen i.S. des § 14 UStG 1993 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, berechnet worden ist (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1993). Wenn und soweit diese Steuer als Vorsteuer abzuziehen ist (vgl. § 15 Abs. 2 bis 4 UStG 1993), wird sie abweichend von §§ 16 und 18 Abs. 1 bis 4 UStG 1996 in einem besonderen Verfahren (Vorsteuervergütungsverfahren) nach § 18 Abs. 9 UStG 1993 i.V.m. §§ 60 und 61 UStDV 1993 vergütet.
a) Vorbehaltlich der Frage, ob die Klägerin im Inland steuerpflichtige Umsätze erbracht hat (dazu b.) und wo sie ansässig ist (dazu c.), liegen die (sonstigen) Voraussetzungen für die Vergütung der von der Klägerin in den streitbefangenen Vergütungszeiträumen getragenen Vorsteuerbeträge vor. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin die in den Anlagen zu den Vergütungsanträgen aufgeführten Lieferungen und Leistungen für ihr Unternehmen bezogen hat und diese ihr auch berechnet worden sind. Sie hat auch nach Maßgabe des § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG 1993 die entsprechenden Rechnungen ihren Vergütungsanträgen im Original beigefügt und diesen jeweils eine den. Vorgaben des § 61 Abs. 3 UStDV 1993 entsprechende Unternehmerbescheinigung beigefügt. Die gegenüber der Klägerin abgerechneten Steuern sind auch als Vorsteuerbeträge abziehbar (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 193), weil die Klägerin die Steuern selber schuldete (vgl. dazu BFH-Urteil vom 2. April 1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBI 11 1998, 695). Dies wiederum folgt daraus, dass die dem Vergütungsantrag zugrunde liegenden und von der Klägerin bezogenen Leistungen im Inland steuerbar und steuerpflichtig waren.
b) Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Senats während der streitbefangenen Vergütungszeiträume auch im Inland nur Umsätze ausgeführt, welche dem Abzugsverfahren (§§ 51 bis 56 UStDV 1993) unterlegen haben (§ 18 Abs. 9 UStG 1993 i.V. mit § 59 Abs. 1 Nr. 2 UStDV 1993). Soweit die von der Klägerin erbrachten Beförderungsleistungen im Inland nach § 3b Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1993 steuerbar waren, waren –wie inzwischen auch der Beklagte anerkennt— die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 UStDV 1993 erfüllt, weil die Klägerin der . AG keine Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erteilt hat, diese andernfalls die Vorsteuer hätte abziehen können und die Klägerin die entsprechenden Bescheinigungen der . AG (§ 52 Abs. 4 UStDV) inzwischen vorgelegt hat.
2. In entscheidungserheblicher Weise kommt es damit darauf an, ob die Klägerin "außerhalb des Gemeinschaftsgebietes ansässig" war. Zwar stellt § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 1993 i.V. mit § 59 Abs. 1 UStDV 1993 darauf ab, dass der Kläger "im Ausland" ansässig ist. Daran bestehen keinerlei Zweifel, weil Anhaltspunkte für eine Ansässigkeit der Klägerin in Deutschland nicht erkennbar sind und auch der Beklagte lediglich einwendet, diese sei statt in Luxemburg in der Schweiz ansässig. § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStDV 1993 stellen aber darauf ab, ob der Unternehmer "nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig" ist. Wäre die Klägerin –wie offenbar der Beklagte meint— im vorgenannten Sinne in der Schweiz und damit nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig, so würde die Vorsteuervergütung im Streitfall zum größten Teil an § 18 Abs. 9 Satz 7 UStDV 1993 scheitern, weil danach bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge von der Vergütung ausgeschlossen sind, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 9 Satz 6 UStDV 1993 liegen hingegen –jedenfalls aus Sicht der Finanzverwaltung-- im Verhältnis zur Schweiz vor (vgl. Schreiben des BMF vom 7. Februar 1996, BStBI 1 1996, 118, Anlage 1
a) § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 beruht auf den Vorgaben des Art. 17 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie und Art. 1 der Dreizehnten Richtlinie.
aa) § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 lautet:
"Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen."
bb) Der für die Auslegung des Begriffes der Ansässigkeit maßgebliche Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie lautet in dem hier interessierenden Teil:
"Im Sinne dieser Richtlinie gilt als nicht im Gebiete der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtiger derjenige Steuerpflichtige nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, der in dem Zeitraum nach Art. 3 Abs. 1 der vorliegenden Richtlinie in diesem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch -in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung- seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat ...."
b) Der Senat geht insoweit mit dem BFH davon aus, dass der Begriff der "Ansässigkeit" in § 18 Abs. 9 Satz 7 UStG 1993 in Übereinstimmung mit der vorgenannten Richtlinienbestimmung auszulegen ist. Wie allerdings die Richtlinienbestimmung selber verstanden werden muss, ist unklar. Es obliegt insoweit alleine dem EuGH, Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie auszulegen.
aa) Vorrangig stellt sich aus Sicht des vorlegenden Senats die Frage, ob sich nicht aus den von der Klägerin vorgelegten Unternehmerbescheinigungen, welche dem Muster im Anhang B der Achten Richtlinie entsprechen, eine Bindungswirkung bzw. zumindest eine unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit der Klägerin im Ausstellungsstaat der Bescheinigungen ergibt. Zwar wird in den Bescheinigungen primär die Eigenschaft der Klägerin als Mehrwertsteuerpflichtige bescheinigt, weshalb es aus Sicht des Senats naheliegt, eine unwiderlegliche Vermutung auch nur auf die Unternehmereigenschaft zu erstrecken, welche Voraussetzung der Mehrwertsteuerpflicht ist. Insofern bestimmt auch § 61 Abs. 3 UStDV 1993, welcher Art. 3 Buchst. b der Achten Richtlinie umsetzt, der "Unternehmer muss der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist." Der vorlegende Senat hält dennoch –in Abweichung zur Rechtsauffassung des BFH in seinem im 1. Rechtszug ergangenen Revisionsurteil— die Frage nach der ggfls. aus der Unternehmerbescheinigung abzuleitenden Bindungswirkung bzw. unwiderleglichen Vermutung für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat für gegenüber der Auslegung des Begriffes der Ansässigkeit vorrangig. Dies ergibt sich daraus, dass es bei Bejahung einer entsprechenden Bindungswirkung bzw. unwiderleglichen Vermutung auf die tasächlichen für oder gegen eine Ansässigkeit sprechenden Kriterien nicht mehr ankäme. In den vorgelegten und dem Muster nach Anhang B der Achten Richtlinie entsprechenden Unternehmerbescheinigungen ist nämlich –wie der BFH wörtlich ausführt— auch der "Sitz" der Klägerin vermerkt. Es ist insoweit zwar klarstellend darauf hinzuweisen ist, dass die luxemburgischen Originalbescheinigungen den französischen Passus "adresse der etablissement" verwenden, der nicht mit "Sitz" übersetzt werden kann. Dennoch ist es mit dem BFH insoweit fraglich, ob dieser Begriff mit dem in Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie verwendeten Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" übereinstimmt und daraus eine Bindungswirkung bzw. unwiderlegliche Vermutung für die Ansässigkeit folgen könnte. Der vorlegende Senat hält dieses zwar –wie bereits ausgeführt-- nicht für naheliegend, die entsprechende Frage ist aber europarechtlich ungeklärt und sollte vom EuGH zur Herstellung von Rechtssicherheit entschieden werden. Letzteres ergibt sich vor allem daraus, dass der BFH aus der Unternehmerbescheinigung bereits eine für die Ansässigkeit des Unternehmers im Ausstellungsstaat sprechende widerlegliche Vermutung abgeleitet hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 2004 V R 71/01, BFH/NV 2004, 1046), obwohl die Ansässigkeit in der Unternehmerbescheinigung nicht positiv angesprochen wird.
bb) Sollte die vorgenannte Frage zu verneinen sein, so ist fraglich, wie der Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" in Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie zu verstehen ist. Diese Frage ist europarechtlich ungeklärt und stellt sich im Streitfall in besonderer Deutlichkeit. Dies wiederum ergibt sich aus dem Umstand, dass die Klägerin zwar nach den Feststellungen des Senats ihren statuarischen Sitz im Vergütungszeitraum in Luxemburg hatte und sie dort auch ihre maßgeblichen geschäftlichen Entscheidungen traf, ihr operatives Geschäft betrieb sie in diesem Zeitraum hingegen von der Schweiz aus. Entscheidend ist es im Streitfall also, ob es für den Begriff des "Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit" i.S. des Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie auf den Ort ankommt, an dem die entschprechende Gesellschaft ihren statuarischen Sitz hat, an dem ihre geschäftlichen Entscheidungen getroffen werden oder an dem ihre geschäftlichen Aktivitäten ausgeübt werden. Der BFH hat im vorgenannten Revisionsurteil zwar eine ganze Reihe von Kriterien genannt, auf die es aus seiner Sicht europarechtlich ggfls. ankommen könnte. Er hat aber zu Recht deutlich gemacht, dass es dem EuGH vorbehalten ist, abschließend über diese Kriterien zu entscheiden.

© Justizministerium Nordrhein-Westfalen 2006

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