English

Kanzlei

Philosophie News Dr. Sommer Burgmaier Umsatzsteuer Kontakt Veröffentlichungen Impressum

Zurück zur News Seite

Justizportal des Landes Nordrhein-Westfalen www.justiz.nrw.de
Finanzgericht Köln, 2 K 4897/01
Datum: 15.12.2005
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 2. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 2 K 4897/01


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Zwischen dem Beteiligten ist nur noch die Frage streitig, wo der Ort der von der Klägerin empfangenen sonstigen Leistungen liegt. Die Klägerin stellt in ................ Möbel her. Für 1999 sowie das erste Quartal 2000 beantragte sie die Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG. Mit den Anträgen wurden ganz überwiegend die allein noch streitigen Vorsteuern geltend gemacht, die der Klägerin von inländischen Unternehmen im Rahmen der Zentralregulierung ihrer Forderungen in Rechnung gestellt worden waren. Die Klägerin hatte ihre Forderungen an die ...............bank GmbH, die .............. Möbel GmbH & Co KG, die ..........Bank AG, die ............................ Möbel Großeinkauf GmbH & Co KG und die ........... Möbeleinkauf .....................................abgetreten und von diesen unter Berechnung von mit Umsatzsteuer belasteten Gebühren einziehen lassen. Ferner begehrte die Klägerin die Vergütung von Messekosten. Mit Bescheiden vom ............ 2000 sowie vom ........... und ........... 2000 lehnte der Beklagte die beantragte Vergütung insgesamt ab, weil es sich bei der Abtretung der Forderungen an die inländischen Unternehmen um vergütungsschädliche Umsätze im Rahmen eines echten Factorings gehandelt habe. Während des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte mit Schreiben vom 15.12.2000 und vom 05.04.2001 darauf hin, dass das für ............... Unternehmen zentral zuständige Finanzamt .................. in ähnlich gelagerten Fällen zwischenzeitlich die Besteuerung übernommen habe. Mit Steuervoranmeldungen vom ....... 2001 bzw. Jahreserklärung für 1999 vom ....... 2001 beantragte die Klägerin darauf hin beim Finanzamt ............ die Erstattung derjenigen Vorsteuern, deren Vergütung sie zuvor beim Beklagten begehrt hatte. Das Finanzamt ........................ erstattete für 1999 17.822 DM (Bescheid vom ......... 2001) und für das erste Quartal 2001 1.685 DM; insoweit handelt es sich um die nicht streitbefangenen Beträge aus den bei der Klägerin angefallenen Messekosten. Die Erstattung der Vorsteuern aus den Factoringgebühren wurde abgelehnt. Hinsichtlich der erstatteten Beträge hat die Klägerin ihren Klageantrag eingeschränkt.
Die gegen die ablehnenden Vergütungsbescheide eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Entscheidungen vom ........ 2001 als unbegründet zurück.
Mit hiergegen erhobenen Klage trug die Klägerin zunächst vor, dass sie ihre Forderungen nicht im Wege des echten Factorings übertragen habe, so dass insoweit keine schädlichen steuerfreien Leistungen im Inland erbracht worden seien. Insoweit legt sie beispielhaft Regulierungsverträge und Abrechnungen bei; auf Blatt 35 bis 61 FG-Akte wird verwiesen.
Nachdem das Verfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BFH (vom 17.5.2001 V R 34/99, UR 2001, 393) an den EuGH geruht hatte, führte die Klägerin nach Ergehen der EuGH-Entscheidung (vom 26.06.2003 Rs C-305/01, UR 2003, 399) sowie der Folgeentscheidung des BFH (Urteil vom 4.9.2002 V R 34/99, BFHE 203, 209, BStBI II 2004, 667) aus, dass sie ihre Anmeldungen beim Finanzamt ................... erst auf Grund der nach der EuGH-Entscheidung sachlich falschen Bescheidung durch den Beklagten vorgenommen habe. Im Übrigen seien die vom Finanzamt ............ erlassenen Bescheide bestandskräftig, die bisher nicht erstatteten Vorsteuerbeträge aus den Forderungseinziehungen der inländischen Unternehmen habe der Beklagte zu vergüten.
So weit der Beklagte darauf abstelle, dass der Ort der an sie - die Klägerin - erbrachten Leistungen gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 6 lit. a i.V.m. § 4 Nr. 8c UStG in ................ liege, berücksichtige dies nicht, dass die Entscheidungen des EuGH und des BFH allein dazu ergangen seien, eine unternehmerische Tätigkeit des Factors und somit dessen Möglichkeit zum Vorsteuerabzug für dessen eigene Aufwendungen zu bewirken. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nach § 4 Nr. 8c UStG die Einziehung von Forderungen von der Umsatzsteuerfreiheit ausgenommen sei. Demzufolge erfasse auch die Verweisung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 lit. a UStG nicht die Forderungseinziehungen, so dass es beim Leistungsort am Sitz des Leistenden - im Streitfall also in Deutschland - und mithin bei der Umsatzsteuerpflicht auch der Forderungseinziehungen verbleibe.
Zudem beinhalteten die von den Zentralregulieren berechneten Gebühren nicht nur Gebühren für das Factoring im weitesten Sinne, sondern auch andere Abgaben. So berechne zum Beispiel die ............... bank neben der Zentralregulierungsgebühr von zumeist 1 % auch Verbandsboni von 2-3 %. Bei den Leistungen der Einkaufsverbände, für die diese Boni zu zahlen seien, handele es sich nicht um Factoringgeschäfte, sondern um Hilfestellungen beim Warenabsatz durch die Organisation gemeinschaftlichen Einkaufes. Diese Leistungen der Einkaufsverbände unterfielen nicht dem Katalog des § 3a Abs. 4 UStG. Ebenso wenig lägen insoweit Entgeltminderungen in Form von Mengenrabatt vor, weil der Verband nur die Lieferungen an seine Mitglieder zentral steuere und insoweit tatsächlich eine Leistung erbringe. Andere Verbände berechneten diese Gebühr neben dem Delcredere von 1% als "Konzentrations-Vergütung", "Leistungsbeitrag" oder "Verwaltungskosten".

Die Klägerin beantragt,
   unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom .......... 2001 und der Vergütungsbescheide vom ............ 2000, ............... 2000 und ........... 2000 den Beklagten zu verpflichten, für 1999 und das erste Quartal 2000 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 55.123,10 DM (28.183,99 €) zu vergüten.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung fallen die an die Klägerin erbrachten Factoringleistungen in den Katalog der Leistungsbeschreibungen des § 3a Abs. 4 Nr. 6 lit. a UStG, so dass der Ort der an die Klägerin erbrachten Leistungen nach § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG in ............ liege.
Eine Vergütung scheide insoweit aus, weil der Klägerin von den inländischen Unternehmen diesbezüglich zu Unrecht Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden sei (BFH-Urteil vom 02.04.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBI II 1998, 695). Die Klägerin habe insoweit lediglich einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber den Rechnungsausstellern.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Vergütung der noch streitigen Factoringgebühren abgelehnt. Denn der Klägerin stand kein Anspruch auf Erlass der begehrten Maßnahme zu.
Vorsteuerbeträge, die gemäß § 15 UStG vom Unternehmer als Leistungsempfänger abgezogen werden können, werden nach § 16 Abs. 2 UStG im Besteuerungs- verfahren (§ 18 Abs.1 bis 4 UStG) berücksichtigt. Abweichend hiervon erfolgt die Vergütung abziehbarer Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer (§ 51 Abs. 3 Satz 1 UStDV), die entweder keine Umsätze oder nur die in § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStDV bezeichneten Umsätze im Inland ausgeführt haben, nur in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 bis 61 UStDV (- Vergütungsverfahren -).
Hierbei nimmt das Vorsteuer-Vergütungsverfahren materiell-rechtlich Bezug auf § 15 UStG. Denn diese Vorschrift regelt, wann der Vorsteueranspruch entsteht. Das in § 18 Abs. 9 UStG geregelte Verfahren bezieht sich — bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen — nur auf die Durchsetzung des materiell-rechtlich entstandenen Vorsteueranspruchs.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den noch geltend gemachten Vorsteuerabzug. Denn diese Vorsteuer ist materiell-rechtlich nicht entstanden.
Die materiell-rechtliche Entstehung des Vorsteueranspruches nach § 15 Abs. 1 UStG setzt voraus, dass die ausgewiesene Steuer für den abgerechneten Umsatz tatsächlich geschuldet wird (EuGH-Urteil vom 13.12.1989 Rs. C-342/87 - Genius Holding, EuGHE 1989, 4227, UR 1991, 83; BFH-Urteile vom 02.04.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBI II 1998, 695; vom 10.04.2003 V R 35/01, BFHE 202, 187, BStBI II 2003, 782). Der abgerechnete Umsatz muss also der deutschen Umsatzbesteuerung unterliegen.
Dies ist indessen nicht der Fall. Die von den Zentralregulierern erhobenen Gebühren unterliegen nicht der deutschen Umsatzsteuer. Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind nicht erfüllt. Danach unterliegen nur solche Umsätze der Umsatzsteuer, die der Unternehmer – die Zentralregulierer - im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Zentralregulierer führen mit der Einziehung der Forderungen der Klägerin dieser gegenüber keine inländischen Umsätze aus. Der Ort dieser sonstigen Leistungen liegt nach § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG nicht im Inland, sondern in .................

1. Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH erbringen die Zentralregulierer entgegen der früheren Rechtsauffassung eine sonstige Leistung an die Klägerin, indem sie unter Übernahme des Ausfallrisikos die Forderungen der Klägerin erworben haben (EuGH-Urteil vom 26.06.2003 C-305/01, BStBI II 2004, 688, MKG­Kraftfahrzeuge-Factoring; ebenso BFH-Urteil vom 04.09.2003 V R 34/99, BFHE 203, 209, BStBI II 2004, 667). Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Zentralregulierer Factoring-Leistungen im Sinne dieser Rechtsprechung an die Klägerin erbracht haben. Denn aus den dem Senat vorliegenden Verträgen ist eindeutig ersichtlich, dass die Zentralregulierer die Forderungen der Klägerin unter Übernahme des Ausfallrisikos übernommen haben (z.B. § VII der Verträge mit der ...-Bank, BI. 39, 47, 50 FG-Akte; § 2 Nr. 1 a des Vertrages mit der ...).

2. Diese sonstigen Leistungen wurden an die Klägerin nicht im Inland erbracht. Grundsätzlich werden sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 1 UStG an dem Ort ausgeübt, an welchem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Abweichend hiervon regelt §.3a Abs. 3 UStG, dass bei den in § 3a Abs. 4 bezeichneten sonstigen Leistungen, deren Empfänger ein Unternehmer ist, die sonstige Leistung dort ausgeführt wird, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Zu den sonstigen Leistungen nach § 3a Abs. 4 UStG zählen gemäß Nr. 6a u.a. die sonstigen Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g UStG bezeichneten Art. Nach § 4 Nr. 8c UStG sind steuerfrei die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen. Da die Klägerin Unternehmerin ist und die Forderungseinziehungen für ihr Unternehmen erfolgt sind, werden diese Umsätze an die Klägerin in erbracht. Denn die Forderungseinziehungen sind ihrer Art nach in § 4 Nr. 8c UStG bezeichnet.

3. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache, dass § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG Bezug nimmt auf die von der Steuerfreiheit ausgenommenen Umsätze der Forderungseinziehung. Die Steuerpflicht dieser Umsätze setzt naturgemäß zunächst deren Steuerbarkeit voraus. Die Steuerbarkeit der Umsätze ihrerseits folgt den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG dahin gehend, dass sie im Inland erbracht werden müssen. Dies ist indessen im Streitfall nicht gegeben.
Der Wortlaut des § 3a Abs. 4 Nr. 6a UStG ist jedenfalls insoweit eindeutig, als sich der Ort der sonstigen Leistungen, die ihrer Art nach in § 4 Nr. 8c UStG bezeichnet sind, an den Sitz des Leistungsempfängers verlagert. Ihrer Art nach ist auch die Forderungseinziehung in dieser Vorschrift bezeichnet. Die Ortsbestimmung ist jedoch wegen der vorrangigen Prüfung der Steuerbarkeit eines Umsatzes unabhängig davon, ob die Befreiungsvorschrift eingreift (vgl. Abschnitt 39 Abs. 16 Satz 2 UStR 2005). Daraus folgt, dass auch für die Forderungseinziehung der Ort der sonstigen Leistung an den Sitz des Leistungsempfängers – im Streitfall nach ................. - verlagert wird (vgl. hierzu Bülow in Vogel/Schwarz, UStG, § 3a Rn 159; Martin in Sölch, UStG, § 3a Rn 182; Weimann, Umsatzsteuer national und international, 2004, § 3a Anm. 2.7.6; Kraeusel n Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 30).
Dieser Befund wird gestützt durch den Zweck des § 3a Abs. 3, 4 UStG. Denn durch diese Regelung soll grundsätzlich sicher gestellt werden, dass dem Charakter der Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer entsprechend der Umsatz am Ort des Leistungsempfängers erfasst wird (Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3a Rn 166). Dem entspricht, dass der die Leistung empfangende Unternehmer im – vorliegend gegebenen – EU-Bereich nach § 51 UStDV a.F. bzw. seit dem 01.01.2002 nach § 13b UStG die durch die Leistung entstehende Umsatzsteuer einbehalten und abführen muss.

4. Dies gilt auch für die von der Klägerin bezeichneten anderweitigen Gebühren. Denn aus dem Vorwort zu den dem Senat vorliegenden Verträgen der Klägerin mit der ....-Bank ist ersichtlich, dass die ........... Bank die gesamte Zahlungsabwicklung für die Klägerin gegenüber den den Zentralregulierern angeschlossenen Unternehmen übernimmt. Die ..-Bank betätigt sich insoweit als Clearingstelle hinsichtlich des Ausgleichs verschiedener Forderungen mehrerer Markteilnehmer im gleichen Segment.
Die in § VIII dieser Verträge genannten Verbandsbeiträge beziehen sich offenkundig auf die in den Vorbemerkungen genannten Beiträge. Im Vertrag selbst ist lediglich die technische Abwicklung der Erhebung geregelt, nicht der materielle Gehalt dieser Beiträge. Dieser bestimmt sich nach den Vereinbarungen der Klägerin mit ihrem jeweiligen Vertragspartnern (Verbänden); für die bloß technische Abwicklung durch die Zentralregulierer ist dies indessen unerheblich.
Selbst wenn man insoweit nicht auf das in § 4 Nr. 8c UStG der Art nach bezeichnete Merkmal der Einziehung von Forderungen abstellt, haben die Zentralregulierer bei dem o.g. Clearingverfahren gegenüber der Klägerin Umsätze im Geschäft mit Forderungen erbracht, so dass der Art nach eine andere in § 4 Nr. 8 c UStG bezeichnete Leistung erbracht worden ist. Denn insoweit liegt ein typisches Bankgeschäft in Form einer Kontenführung vor. Diese Leistung führt nach § 3a Abs. 3 Satz 1, 4 Nr. 6a UStG ebenfalls dazu, dass der Ort der sonstigen Leistung nicht im Inland liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. © Justizministerium Nordrhein-Westfalen 2006

Zurück zur News Seite

Rechtsanwalts Kanzlei Dr. Sommer & Burgmaier  -   Rechtsanwälte in München