Vorsteuerabzug aus Bewirtungskosten
(Zusammenfassung UStB 2004, S. 120)
Das FG München hat jüngst entschieden, dass der Vorsteuerabzug
aus geschäftlich veranlassten Bewirtungskosten, soweit diese
angemessen und deren Höhe und die betriebliche Veranlassung
nachgewiesen sind, nicht durch die Neuregelung des § 15
Abs. 1 a Nr. 1 UStG eingeschränkt werden darf (vgl. Urteil
des FG München vom 12. 11. 2003, 14 K 3488/02).
Die Entscheidung verdeutlicht wieder einmal, dass man manchmal
sein Recht - gerade im Umsatzsteuerrecht - nur mit Hilfe
der Finanzgerichte durchsetzen kann. In Bezug auf die Bewirtungskosten
wird dies besonders offensichtlich. Während das BMF in seinem
Schreiben vom 28. 03. 2001 (BStBl. I, S. 251) den Vorsteuerabzug
aus Verpflegungskosten des Unternehmers vollständig zulässt,
soll dies bei den Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass
nicht gelten. Insoweit blieb es bei der Rechtsauffassung
im BMF - Schreiben vom 05.11.1999 (BStBl. I, 1999, S. 964,
zu 1.3). Danach gilt für die Bewirtungsaufwendungen folgendes:
Durch die Bezugnahme auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG wird
die Umsatzsteuer, die auf Aufwendungen für die Bewirtung
von Personen aus geschäftlichem Anlass entfällt, vom Vorsteuerabzug
ausgeschlossen, soweit diese Aufwendungen 80 v. H der Aufwendungen
übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung
als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche
Veranlassung nachgewiesen sind. Damit ist lediglich die
Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar, die auf die ertragsteuerlich
als Betriebsausgaben abziehbaren Beträge entfällt. Im Gegensatz
zu § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG a. F. besteht umsatzsteuerrechtlich
keine Ausnahmeregelung mehr für den Anteil von 20 v. H.
der angemessenen und nachgewiesenen Bewirtungsaufwendungen.
Die Differenzierung beim Recht auf Vorsteuerabzug zwischen
Bewirtungskosten aus geschäftlichem Anlass, die betrieblich
nachgewiesen sind (Vorsteuerabzug zu 80 v. H.) und Verpflegungskosten
(dort Vorsteuerabzug in voller Höhe) ohne jegliche Begründung
ist aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht nachvollziehbar,
berühren doch in beiden Fällen die Aufwendungen auch die
Lebensführung.
Durch das Urteil des FG München wird diese Ungleichbehandlung
nunmehr zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben. Das
FG kommt daher zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall
eine Ermächtigung nicht entbehrlich ist. Das Umsatzsteuerrecht
enthielt zum 01. 01. 1979 für Bewirtungsaufwendungen, die
- wie im Ausgangsfall - angemessen und deren Höhe und betriebliche
Veranlassung nachgewiesen sind, weder unmittelbar noch mittelbar
ein Vorsteuerabzugsverbot.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat es allerdings die Revision
zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen
(V R 76/03) anhängig. Es ist zu erwarten, dass sich der
BFH dem Ergebnis des FG München anschliessen wird.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass vor dem 01. 04.
1999 der Vorsteuerabzug insgesamt zugelassen war, und die
20 v. H. der nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG nicht abziehbaren
Betriebsausgaben auch nicht als Repräsentationseigenverbrauch
steuerbar waren, weil sie § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Satz
2 ausdrücklich von der Besteuerung ausnahm (vgl. Birkenfeld
in Hartmann / Metzenmacher, § 15 Abs. 1 a UStG, Rz. 94).
Der Gesetzgeber war im Umsatzsteuerrecht bis dahin also
bewusst von der einkommensteuerrechtlichen Regelung abgewichen.
Das Recht auf Vorsteuerabzug aus betrieblich veranlassten
Bewirtungsaufwendungen, die nicht aus geschäftlichem Anlass
entstanden sind (Bewirtung, die sich nur auf Arbeitnehmer
des bewirtenden Steuerpflichtigen bezieht, z. B. im Rahmen
eines Betriebsausfluges oder einer betrieblichen Besprechung)
besteht wie bisher in voller Höhe.
Verschärfung durch das Haushaltsbegleitgesetz
2004
Im Rahmen der Neuregelungen durch das Haushaltsbegleitgesetz
2004 wurde das Recht auf Vorsteuerabzug für die Bewirtungskosten
mit Wirkung zum 01. 01. 2004 in einer "Nacht- und Nebelaktion"
automatisch weiter eingeschränkt. Nach dieser neuen Rechtslage
kann gemäss § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG i. V. m. § 4 Abs. 5
Nr. 2 UStG n. F. der Unternehmer nur noch 70 % v. H.
(statt 80 v. H.) der berechneten Steuer als Vorsteuern für
die Bewirtung aus geschäftlichem Anlass abziehen, sofern
diese nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen
anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen
sind.
Die Änderung des Einkommensteuergesetzes führte aufgrund
einer "Reflexwirkung" auch zu einer Änderung des Vorsteuerabzugsrecht
für Bewirtungskosten. Daher kann die Kritik an der Verweisungstechnik
des Gesetzgebers im Umsatzsteuergesetz auf das EStG nur
bestätigt werden (vgl. hierzu ausführlich Birkenfeld in
Hartmann / Metzenmacher, Kommentar zum UStG, § 15 Abs. 1
a, Rz. 36 ff, Grett, DStR 2001, S. 511).
Die für die weitere (erneute) Einschränkung erforderliche
Ermächtigung des Rates gemäss Art. 27 der 6.USt-RL wurde,
soweit ersichtlich, nicht beantragt. Ohnehin wäre eine Ermächtigung
an den Vorgaben des EuGH (vgl. Urteil vom 19. September
2000, in der verbundenen Rs. C-177/99 - Ampafrance und Rs.
C-181/99 - Sanofi, UR 2000, S. 474, Rn. 61 und 62) am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
zu prüfen. Auch nach dem vorgenannten Urteil des FG München
kann man der erweiterten Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzugs
aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht entspannt entgegensehen.
Spätestens jetzt sollte der Steuerpflichtige seine Rechte
wahrnehmen und den vollen Vorsteuerabzug aus Bewirtungskosten,
die geschäftlich veranlasst sind, soweit sie angemessen
und in der Höhe und betrieblichen Veranlassung nachgewiesen
sind, geltend machen (zu den Einzelheiten vgl. bereits Eder
/ Burgmaier, a. a. O.).
Dies gilt allerdings nur dann, wenn auch die übrigen Voraussetzungen
für den Vorsteuerabzug, insbesondere auch eine Rechnung
mit allen erforderlichen Pflichtangaben des § 14 Abs. 4
UStG n . F. (bzw. des § 33 UStDV), vorliegen.
Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr, dass das "Nullsummenspiel"
für den Leistungsempfänger nicht mehr aufgeht (vgl. § 15
Abs. 1 Satz 1 UStG n. F.). Für Rechnungen, die nach dem
01. 01. 2004 aber bis zum 30. 06. 2004 ausgestellt wurden,
kann sich der Leistungsempfänger für Zwecke des Vorsteuerabzuges
aber noch auf das BMF Schreiben vom 19. 12. 2003 (UR 2004,
S. 103) berufen. Es reicht in diesen Fällen aus, wenn alle
bis 31. 12. 2003 geforderten Angaben (insbesondere auch
die Angabe der Steuernummer aus § 14 Abs. 1a UStG a. F.)
in der Rechnung enthalten sind.
Statt der Steuernummer kann aber nunmehr auch nach Auffassung
des BMF die USt-ID-Nummer in der Rechnung angegeben werden
(zur alternativen Angabe der USt-ID-Nummer in der Rechnung
vgl. u.a. bereits Burgmaier / Eder, BB 2001, S. 2093 (2095),
Stadie in Rau / Dürrwächter, § 14 UStG, Rz. 283, 304).
Ausblick
Die Entscheidung des FG München entzieht der Gegenfinanzierung
weitere Substanz.
Spätestens jetzt sollte der Steuerpflichtige sich nicht
nur am Wortlaut des Gesetzes orientieren, sondern auch die
Wirksamkeit der übrigen gesetzlichen Vorsteuerrestriktionen
des § 15 Abs. 1 a bzw. des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG im Einzelfall
prüfen. Bezüglich der Bewirtungskosten kann sich der Steuerpflichtige
nunmehr auf das Urteil des FG München berufen.
Im Hinblick auf die neueren Entscheidungen des EuGH (Urteil
des EuGH vom 08. 01. 2002, Rs. C-409/99 - Metropol, UR 2002,
S. 220, Rz. 44 ff. und vom 14. 06. 2001, Rs. C-40/00 - Kommission
/ Frankreich, UR 2001, S. 407, 16 ff.) wird zukünftig auch
zu untersuchen sein, ob die Eigenverbrauchsbesteuerung über
die Konstruktion eines mittelbaren Vorsteuerabzugsverbotes
einen bestehenden Ausschlusstatbestand im Sinne des Art.
17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. USt-RL darstellt.
Dabei ist es Aufgabe des Gerichtshofes, dem nationalen Gericht
die Hinweise zur Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen
Begriffes der bestehenden Rechtsvorschriften im Sinne von
Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie
zu geben, um ihm die Feststellung, ob bei In-Kraft-Treten
der Richtlinie nach nationalem Recht ein (teilweiser) Ausschluss
des Rechts auf Vorsteuerabzug bereits bestanden hat, zu
ermöglichen (vgl. Urteil des EuGH vom 08. 01. 2002, Rs.
C-409/99 - Metropol, UR 2002, S. 220, Rz. 47).
(Den vollständigen Beitrag finden sie im UStB 2004, S. 428).
Bernd Burgmaier,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht
burgmaier@so-bu.de
© 2005 Dr. Sommer & Burgmaier
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